Nachhaltige Aktien, Meldungen

29.2.2008: Weiblich, nachhaltig, reich: Eine Odyssee durch den Anlagedschungel

Anleger, die ein Vermögen investieren wollen, sollten bei allen Finanz-Institutionen willkommene Kunden sein. Könnte man vermuten. Aber was geschieht wirklich, wenn eine Anlegerin nachhaltig investieren will und vermögend ist ? Eine ECOreporter.de-Leserin hat ihre Erfahrungen im folgenden Interview detailliert wiedergegeben. Unter anderem Namen, versteht sich. Die Anlegerin ist Mitglied bei Pecunia, dem Erbinnen-Netzwerk (www.pecunia-erbinnen.net; nächste Jahrestagung: 25.- 27. April 2008).
Eine Reise durch den Anlagedschungel, bei der einem das Lachen manchmal im Hals stecken bleibt.


ECOreporter.de: Sie sagen, Sie seien durch den Anlagedschungel gereist. Wie lange waren Sie unterwegs?
Susanne Koch (Name von der Redaktion geändert): Gut ein Jahr.

ECOreporter.de: Wo war der Startpunkt?
Koch: Ich hatte ein sehr konservatives Wertpapierdepot mit festverzinslichen Papieren geerbt. Diese liefen teilweise aus und mussten neu angelegt werden.

ECOreporter.de: Welche Reiseerfahrung brachten Sie mit?
Koch: Meine Voraussetzungen waren: nicht auf den Kopf gefallen, aber keine Ahnung von Geldanlagen. Bei dem Wort Rente dachte ich an das Einkommen nach dem 65. Lebensjahr.

ECOreporter.de: Was war Ihr Ziel?
Koch: Mir war eines klar: Mit meinem Geld sollten keine Waffen, Kernkraftwerke und andere von mir unerwünschte Dinge finanziert werden! Also: nachhaltige (ökologisch und sozial verträglich) Anlagen mussten die ausgelaufenen Papiere ersetzen!

ECOreporter.de: Wie haben Sie sich auf die Reise durch den Anlagedschungel vorbereitet?
Koch: Eine Bekannte, die in einer Bank arbeitet, hat mir geholfen, als ich mir eine solide Grundlage an Wissen erarbeitet habe.

ECOreporter.de: An wen haben Sie sich zuerst gewendet?
Koch: An meinen Steuerberater. Er hat mir geraten, mich auch bei denjenigen Banken zu erkundigen, zu denen ich auf keinen Fall hingehen wollte – einfach, um Erfahrungen zu sammeln. Ich habe also Termine gemacht.

ECOreporter.de: Wie haben die Banken Sie behandelt?
Koch: Gut – als ich die Höhe meiner Anlagesumme nannte. Ich wurde ernst genommen! Zumindest mein Geld. Ich war bei der Volksbank, der Badischen Beamtenbank und der Dresdner Bank. Fazit: In erster Linie wollten mir alle ihre eigenen Produkte verkaufen. Mein Anliegen, mir nachhaltige Produkte zu empfehlen, wurde nicht so recht aufgenommen.
Ein kleines Bankhaus erwies sich als konservativ, ehrlich und nicht nachhaltig. Eine Großbank warb mit der Kooperation mit einem Öko-Rating-Anbieter, hatte aber keine Ahnung von Nachhaltiger Geldanlage: peinlich!

ECOreporter.de: Und Spezialbanken für nachhaltiges Investment?
Koch: Bei einer habe sich seit vielen Jahren ein Konto. Der junge, schüchterne Berater war mit meiner Anlagesumme jedoch überfordert. Später erfuhr ich, dass die Bank gerade einen Anlageberater für Menschen mit höheren Vermögen eingestellt hat. Mit dem traf ich mich. Er verstand mich, und ich war guter Hoffnung. Aber wir beide waren der Realität der Bank voraus. Das Gremium, das die neuen Produkte zusammenstellte, war einfach noch nicht so weit. Fazit: Das Thema Nachhaltigkeit ist wohl in aller Munde, aber die BeraterInnen sind oft nicht ausreichend informiert und ausgebildet.

ECOreporter.de: Haben Sie es mit freien Beratern versucht?
Koch: Ja. Ein Mann kam, sehr forsch und mit der mir mittlerweile bekannten Tortenzeichnung . Nachhaltig? Na, erst mal sollten wir über die faktischen Grundlagen reden und das mit dem Nachhaltigen klärt sich dann, meinte er. Sein Vorschlag: offene Immobilienfonds.

ECOreporter.de: Aha. Hatten Sie weitere solcher Berater-Termine?
Koch: Ja. Einen mit einem Anlageberater mit dem Schwerpunkt Nachhaltigkeit. Er war der erste, der sich endlich einmal Mühe mit mir und meinem Geld gab. Er erstellte eine Mappe mit Vermögensaufstellung, Zeitplan und Anlageempfehlungen. Diese bestanden aus einer Auflistung verschiedener nachhaltiger Fonds. Auf genauere Nachfrage nach den Fondsinhalten kamen dann Texte, die die Fonds schön beschrieben, aber inhaltlich keine tieferen Aussagen boten. Sie hatten den Charakter von Werbebroschüren. Es fehlte in dem Vorschlag leider so etwas wie eine erkennbare Anlagestrategie. Der Kontakt mit dem Berater hielt ein gutes Jahr. Die Vorschläge sowie die Anlagestrategie und die Kosten wurden leider nicht deutlicher. Schade.
Ein anderer Berater einer Vermögensberatung wollte mir nur Versicherungen verkaufen, das Thema Nachhaltigkeit war ihm unbekannt.

ECOreporter.de: Haben Sie auch eine freie Finanzberaterin gesprochen?
Koch: Ja, z.B. eine Finanzberaterin, die schwerpunktmäßig Frauen berät. Das Thema Nachhaltigkeit war keins für sie. Sie war der Meinung, Frauen müssten in erster Linie lernen, mit Geld umzugehen und es vermehren lernen. Mit dem Gewinn könnten sie dann Gutes tun. Das ist nicht mein Weg, zu inkonsequent.

Ein andere Anlageberaterin erarbeitete mir nach dem ersten Treffen ein 25-seitiges Konzept. Manche Themen waren aber nicht sorgfältig ausgearbeitet, und das Thema Nachhaltigkeit auch für sie keins. Am Ende des zweiten Treffens übergab sie mir eine Kunden-Information, aus der hervorging, dass nur die erste Beratungsstunde kostenlos sei. Jede weitere koste 100 Euro. Sie hätte beim ersten Gespräch keine Kopie dieser Kunden Information gehabt, sagte sie.
So langsam fand ich neben einer speziellen nachhaltigen Bank, der GLS Bank, die für mich inhaltlich passenden Institutionen: Umweltbank, Bank Sarasin in Basel, zwei Kirchenbanken.

ECOreporter.de: Ihr Resumée für die Kontakte mit Anlageberatern?
Koch: Jede Bank bot mir in erster Linie ihre Produkte an. Inhaltlich hatte ich daran wenig auszusetzen. Aber die Vorschläge boten entweder zu geringe Streuungsmöglichkeiten, oder das Ganze war mir zu teuer.
Die Banken und Berater wollten mein Geld, meine Zinsen und Renditen für Beratung, Depotkosten, An- und Verkaufskosten und sonstige raffiniert versteckte Gebühren. OK, nichts gegen Gebühren und anständige Bezahlung, aber dieses Geschäfte müssen von beiden Seiten transparent verlaufen, und für mich sollte unter dem Strich nach Steuern und Gebühren noch etwas übrig bleiben.

ECOreporter.de: Was haben Sie in dem Jahr gelernt?
Koch: Durch Reden, Fragen und Diskutieren habe ich langsam herausgefunden, was ich will und was nicht. Es war notwendig, in die Welt der Banken und Börsen zu gehen und zu handeln. Dabei habe ich meinen Anlagetypus herausgefunden und auf dieser Grundlage meine Anlagestrategie entwickelt. Hinzu kommen die Fragen: Womit möchte ich die Strategie verfolgen, welche Produkte passen zu mir und wozu (Ziel) sollen die Anlagen getätigt werden. Die Antworten bieten mir Orientierung und Sicherheit.
Und: Ein gutes Gefühl zu einer Anlage und zur eigenen Strategie ist sehr wichtig. Es ist hier bekanntermaßen viel Psychologie im Spiel!

Eins ist mir wichtig: Das alles ist mein Weg. Jede(r) erfindet einen eigenen Weg auf der Grundlage von Charakter, Naturell, Nervenstärke und anderen Faktoren.

ECOreporter.de: Frau Koch, wir danken Ihnen für das Gespräch!
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