Nachhaltige Aktien, Meldungen

26.9.2006: Studie ermittelt Nachhaltigkeit als Renditetreiber - Nachhaltigkeitsführer aus Sektoren mit hohem Umwelt- und Sozialrisiko schlagen Branchenindices um Längen

Die Aktien reuiger Umweltsünder haben großes Renditepotential. Diesen Schluss legt zumindest eine aktuelle Branchen-Analyse nahe, die von der Schweizer Bank Sarasin & Cie AG veröffentlicht wurde. Demnach entwickelte sich der Aktienkurs von Unternehmen, die sehr zu Lasten von Mensch und Umwelt produzieren, deutlich besser als der jeweilige Branchenindex, wenn sie diese Risiken besonders erfolgreich bekämpften. Festgemacht wird dies in der Untersuchung insbesondere an den Firmen aus den Sektoren Automobil, Energie, Maschinenbau, Nahrungsmittel, Öl/Erdgas, Pharma und Papier/Zellstoff. Dort habe die Aktienperformance der so genannten Nachhaltigkeitsführer den jeweiligen Branchenindex in den letzten fünf Jahren im Durchschnitt um 100 Prozent übertroffen.

Die Autoren verweisen zum einen darauf, dass sich Unternehmen mit erhöhten ökologischen und sozialen Risiken entsprechend große Geschäftschancen eröffnen, wenn sie diese angehen. Unter anderem können sie deutliche Kostenvorteile erzielen, indem sie weniger der sich weiter verteuernden fossilen Brennstoffe verbrauchen, Energie effizienter einsetzen oder durch verbesserte Arbeitsbedingungen den Krankenstand verringern. So hat etwa der Bayer-Konzern nach eigenen Angaben seine Treibhausgas-Emissionen seit 1990 um über 70 Prozent reduziert. Ein anderes Beispiel ist der US-amerikanische Mischkonzern General Electric. Der will die Marktchancen für umweltfreundliche Technologien nutzen und bis 2010 pro Jahr 1,5 Milliarden Dollar in deren Entwicklung investieren. "Ecomagination" ist der Titel dieses Programms, dass den Umsatz mit solchen Produkten bis 2010 auf mindestens 20 Milliarden Dollar steigern soll. "Das Thema Nachhaltigkeit hat Zukunft", stellt dazu Eckhard Plinke fest. Er leitet das Nachhaltigkeitsresearch bei Sarasin. "Aus Faktoren wie der Umweltbelastung entsteht nicht zuletzt aufgrund von staatlichen Maßnahmen wie der Einführung des Emissionshandels ein Preisdruck, auf den insbesondere risikobelastete Unternehmen reagieren müssen." Mit einer wirksamen Nachhaltigkeitsstrategie würden sie ihr Risiko-Rendite-Verhältnis verbessern, was sich langfristig positiv auf den Aktienkurs niederschlage.

Welche Unternehmen in Sektoren die nachhaltigsten sind, also die Belastungen für das ökologische und soziale Umfeld am geringsten halten, legten die Sarasin-Experten auf Basis so genannter Nachhaltigkeitsratings fest. In diesen Analysen werden vier Hauptkriterien angewandt. Dazu zählen der Verbrauch natürlicher Ressourcen und der Ausstoß umweltbelastender Stoffe. Hier liegen zum Beispiel Risikoschwerpunkte der Chemieindustrie. Sie ist einer der größten Rohstoffverbraucher, denn Erdöl und Erdgas dienen hier als Rohstoff für das Herstellen von Kunststoffen. Dagegen wird mit rund 80 Prozent der meiste von der Automobilbranche zu verantwortende Energieverbrauch erst beim Gebrauch ihrer Produkte verursacht. Mit der Entwicklung von emissionsarmen Fahrzeugen haben deshalb Firmen wie die japanischen Honda und Toyota Motor Corporation ihr Nachhaltigkeitsrisiko deutlich verringern können. Bei den von den Sarasin ausgewählten Nachhaltigkeitsführern des Automobilsektors übertraf die Aktienperformance den Branchenindex auf Sicht von fünf Jahren im Schnitt um 50 Prozent.

Ein weiteres bei der aktuellen Untersuchung angewandtes Hauptkriterium bei der Beurteilung der Nachhaltigkeitsrisiken von Unternehmen ist das interne Konfliktpotential. Darunter fassen die Autoren Aspekte wie die Wahrung von Arbeitnehmerrechten oder das Ausschließen von Kinderarbeit. Dazu zählt ferner die Häufigkeit von Arbeitsunfällen, von denen es etwa im Sektor Forst/Papier mehr als vier Mal so viele gibt wie in der Chemie. Die Aktienkurse der laut Sarasin nachhaltigkeitsbesten Forst- und Papierunternehmen aus diesem Sektor haben den Branchenindex im Schnitt um 70 Prozent übertroffen. So groß ist auch der Vorsprung der ausgewählten nachhaltigsten Aktienunternehmen aus den Sektoren Nahrungsmittel und Maschinenbau. Beide Sektoren gelten als mit hohem Nachhaltigkeitsrisiko belastet. So moniert Sarasin den hohen Wasserverbrauch und das oft niedrige Lohnniveau in der Landwirtschaft, nennt die kanadische Biolebensmittelherstellerin SunOpta als Beispiel für einen Nachhaltigkeitsführer des Sektors. Deren Aktienkurs pendelt in 2006 um die 10 US-Dollar, vor fünf Jahren war sie an der NASDAQ noch für 1,6 Dollar zu haben. Im Maschinenbau geht die zunehmende Auslagerung ganzer Produktionsabschnitte nach Osteuropa oder China zu Lasten der Sozialstandards. Hier gilt Sarasin die SKF aus Schweden als aus Nachhaltigkeitssicht investierbar. An der Stockholmer Börse hat sich der Kurs von deren Aktie seit 2001 vervierfacht (über die Nachhaltigkeitsrisiken und die Nachhaltigkeitsführer dieser Branche berichteten wir bereits im ECOreporter.de-Beitrag vom 24. Mai).

Risiken, die sich aus den gesamtgesellschaftlichen Einflüssen der Branchen ergeben, erfasst die Untersuchung als externes Konfliktpotential. Darunter fallen in der Untersuchung Gesundheitsrisiken durch Störfälle ebenso wie das Vorkommen von Korruption, von der laut Transparency International die Energieversorger mit am stärksten betroffen sind. Sie tragen zudem hohe branchenspezifische Umweltrisiken. Wer 2001 in der Nachhaltigkeitsführer dieses Sektors, zu denen Sarasin etwa den österreichischen Energieversorger EVN AG zählt, konnte sich über satte Zuwächse freuen. Im Durchschnitt lag die Performance der Nachhaltigkeitsführer hier um 100 Prozent über dem Branchenindex. Deutlich übertroffen wird dies laut der vorgelegten Studie noch vom Öl- und Gassektor. Hier entwickelten sich die Nachhaltigkeitsbesten wie die britische BG Group oder die norwegische Statoil nach Angaben von Sarasin seit 2001 im Schnitt sogar um 300 Prozent besser als der Branchenindex. "Nachhaltigkeitsführer wie Statoil profitieren hier unter anderen davon, dass sie nicht in kritischen Regionen wie beispielsweise Nigeria operieren", erläutert Sarasin-Experte Eckhard Plinke.

Mit ihrer Studie bestätigt die Bank Sarasin unter anderem einen Report der US-amerikanische Ratingagentur Innovest mit dem Titel "Corporate Environmental Performance". Deren im Auftrag der britischen Environment Agency erstellte Untersuchung ermittelte 2004 ebenfalls deutliche Performancevorteile für Nachhaltigkeitsführer aus Risikobranchen wie Forst/Papier, Öl/Gas und Energie. In einem Report über die Nachhaltigkeit im Energiesektor hatte die Investmentbank Goldman&Sachs (GS) im vergangenen Jahr ebenfalls festgestellt, dass in dieser Branche Unternehmen mit herausragendem Sozial- und Umweltmanagement erfolgreicher sind als ihre Konkurrenz (wir berichteten: ECOreporter.de-Beitrag vom Oktober 2005).

Bildhinweise:
Im Schatten wirkt das Licht um so heller: Produktionsstätte von Stora Enso, laut Sarasin ein Nachhaltigkeitsführer in der umweltbelastenden Branche Forst/Papier / Quelle: Unternehmen;
mit dem von einem Hybridmotor angetriebenen Prius hat Toyota vor allem in den USA Marktanteile erobert / Quelle: Unternehmen;
Aktien der Nachhaltigkeitsführer unter den Ölgesellschaften haben seit 2001 besonders stark an Wert gewonnen: Bohrinsel von Shell / Quelle: Unternehmen
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