Fonds / ETF

25.11.2004: "Transparenz, Demokratie und eine klare Kostenstruktur" - ECOreporter.de-Interview mit Philipp Spitz, Geschäftsführer Umwelt Aktiendepot Welt und Deutschland

Seit 1999 gibt es in Bonn die Investorengruppen Umwelt Aktiendepot Welt und Umwelt Aktiendepot Deutschland. Transparenz, Demokratie und eine klare Kostenstruktur, diese Ziele hatten sich die Initiatoren der Umwelt Aktiendepots (UADs), die Vermögensberater Philipp Spitz und Andrew Murphy gesetzt. Und klar identifizierbare ethisch-ökologische Investments sollten es sein, darin waren sich die beiden einig. Gemeinsam mit heute mehreren Hundert Investoren entschieden sie sich für die Themenschwerpunkte Erneuerbare Energie, Wasser, biologische Lebensmittel, Gesundheit und Transport. Im ECOreporter.de-Interview mit Philipp Spitz, amtierender Geschäftsführer der Umwelt Aktiendepots, erfahren Sie unter anderem, was die Besonderheiten der UADs sind und wie sich die Investments entwickelt haben.


ECOreporter.de: Herr Spitz, mit den Umwelt Aktiendepots (UAD) "Deutschland" und "Welt" haben Sie vor fünf Jahren fondsähnliche Produkte entwickelt. Wo liegen aus Ihrer Sicht die wesentlichen Unterschiede zu den üblichen Nachhaltigkeitsfonds?

Philipp Spitz: Bei unseren Investitionsmotiven stehen Umwelt- und Gerechtigkeitsaspekte als Wertvorstellungen im Vordergrund. Die Motivation der Investoren entstammt häufig ihrer eigenen Biografie in einer Umweltbewegung, ihrer täglichen Arbeit für die Erneuerbaren Energien oder Naturkost und christlichen Motiven. Deswegen investieren die Umwelt Aktiendepots auch konsequent in Lösungen für die großen Herausforderungen der Menschheit. Im Gegensatz zu vielen Nachhaltigkeitsfonds möchten wir nicht die üblichen Unternehmen oder gar Rüstungsgesellschaften unterstützen. Für neue Investoren ist besonders wichtig, dass keine Ausgabeaufschläge und ähnliche Gebühren wie bei den Bankfonds anfallen.

ECOreporter.de: Gibt es für die einzelnen Depots Vorgaben hinsichtlich der Branchenallokation?

Spitz: Es gibt in unserer Satzung Negativkriterien wie Rüstung, Atomenergie oder Tierquälerei. Vorgaben kann der Anlageausschuss treffen, so etwa zugunsten von Fotovoltaikunternehmen in Deutschland in diesem Jahr. Traditionell sind im Deutschland-Depot Erneuerbare Energien und Naturkost Schwerpunkte, im Welt-Depot sind es zusätzlich Wassertechnologie und pflanzliche Arzneimittel. Im Umwelt Aktiendepot Welt setzen wir insbesondere auf die internationalen Marktführer, wie The Body Shop (GB), Arkopharma (F), SolarWorld (D) oder Best Water Technologies (AU).

ECOreporter.de: Auf welches Research greifen Sie bei Ihren Investmententscheidungen zurück?

Spitz: Vor einem Investment stellen wir dem Anlageausschuss unser ausführliches hauseigenes Research vor. Darin verarbeiten wir auch diverse externe Quellen, ob Fachzeitschriften oder Bankresearch. Ich möchte aber betonen: Basis unserer Entscheidungen ist die Analyse von Primärinformationen direkt von den Unternehmen, ob durch Geschäftsberichte oder direkte Gespräche.

ECOreporter.de: Wie sichern Sie die ökologische und soziale Qualität der Portfolios?

Spitz: Der Anlageausschuss inklusive mir als Geschäftsführer entscheiden, wer ins Depot kommt und wer rausfliegt. Auch gab es bereits Befragungen aller Investoren. Die Ausschussmitglieder sind sehr hellhörig, wenn es um unsere Unternehmen geht. Teilweise sind sie auch beruflich in den relevanten Themenfeldern engagiert. Bei mir ist es mein berufliches Leben (und ein Teil des Privaten), mich mit unseren Beteiligungen laufend zu befassen.

ECOreporter.de: Sie verweisen auf die Informationen aus erster Hand, die Sie auswerten. Wie gestaltet sich der Kontakt zu den Unternehmen, deren Aktien Sie kaufen?

Spitz: Nehmen wir ein Beispiel: Eines der letzten Unternehmen, das wir geprüft haben, ist die Schweizer Precious Woods Holding. Gerade bei solchen kleineren Unternehmen sind Pflichtberichterstattung an die Börse und öffentliche Berichterstattung gering, so dass wir direkt mit den Unternehmen sprechen müssen, um ein umfassendes Bild zu bekommen. Bei Precious Woods beispielsweise konnten unsere Fragen nur durch den Vorstand beantwortet werden, so dass wir länger telefoniert haben.

ECOreporter.de: Besonders im UAD Deutschland mussten Sie in den letzten Jahren hohe Verluste durch Insolvenzen von Unternehmen verkraften. Wie wollen Sie dies in Zukunft verhindern bzw. reduzieren?

Spitz: Für das UAD Deutschland sprechen Sie zu Recht von hohen Verlusten zwischen 2001 bis 2003. Hier wurde zuletzt die Strategie deutlich verändert. Zur Erinnerung: Nach den sehr starken Kursanstiegen im Jahr 2000 wurden neue Investments auch außerhalb der Börse eingegangen. Nach 2001 stand das UAD Deutschland dann mit einem Beteiligungsanteil von teilweise über 50 Prozent da, vor allem nachdem die Kurse der börsennotierten Unternehmen sanken und damit relativ kleiner wurden. Verkraftet werden mussten in der Folge die Insolvenzen der Oekoland 2002 sowie der Nevest 2003, die jeweils als außerbörsliche Positionen einen großen Anteil im Depot hatten.

Danach habe ich im Januar 2004 als Geschäftsführer eine veränderte Bewertung der in keinen organisierten Handel einbezogenen Beteiligungen durchgeführt. Gleichzeitig wurde die sich enttäuschend entwickelnde Beteiligung wind 7 im außerbörslichen Handel verkauft. So stehen wir heute - ohne die in diesen Tagen an der Börse notierende Phönix Sonnenstrom - mit 3 Beteiligungen bei einem Bewertungsanteil der außerbörslichen von nur noch 9,6 Prozent des Gesamtwertes. Gleichzeitig pflegen wir diese Langfristbeteiligungen intensiv: Bei der SuperNatural lenkt der ehemalige Geschäftsführer des UAD Deutschland, Andrew Murphy, die Geschicke, bei der Berliner Solarpraxis übe ich ein Aufsichtsratsmandat aus. Zwei der drei Beteiligungen werfen Gewinn ab, für die dritte liegen uns noch keine aktuellen Zahlen vor. Die Rapunzel Naturkost AG arbeitet seit mehreren Jahren profitabel, die Solarpraxis AG verzeichnet in 2004 schon nach neun Monaten ein Plus.

Insbesondere die Fotovoltaikinvestments haben den Investoren 2004 wieder eine kräftige Erholung um 83,20 Prozent gegenüber dem tiefsten Kurs im Februar 2004 ermöglicht. Bei den börsennotierten Unternehmen zeigt das UAD Deutschland heute ein breiteres Anlageuniversum. Es gehören zum Beispiel Unternehmen aus der Medizintechnik dazu, oder die Rational AG, ein Hersteller von energiesparenden Kombi-Dampfgeräten für Großküchen. Dieser solide Mittelständler befindet sich heute mit 7,7 Prozent im Depot.

Schon seit 2 Jahren ist unser internationales Depot UAD Welt wieder sehr erfolgreich. 2003 konnten wir 14 Prozent zulegen, im laufenden Jahr haben wir bis jetzt 34 Prozent zugelegt. Diese Entwicklung haben selbst die besseren Umweltfonds der Banken nicht erzielen können.
Seit Gründung des Depots 1999 haben wir insgesamt 38,6 Prozent Wertzuwachs erzielt - zum Vergleich: Der Nachhaltigkeitsindex DJ Sustainability Index hat ca. 20 Prozent verloren im gleichen Zeitraum.


ECOreporter.de: Wie hat sich das Anlagevolumen der UAD "s seit der Gründung vor fünf Jahren entwickelt?

Spitz: Das Umwelt Aktiendepot Welt hat derzeit sein höchstes Volumen erreicht, das UAD Deutschland hatte dieses 2001/2002. Die ausgegeben Anteile sind dabei nicht rückläufig gewesen, die Wertentwicklung hat jedoch das Volumen gedrückt. Mit einem Anlagevermögen von 1,4 Mio. Euro bleiben wir klein, was ich im Sinne der Investoren als Schönheitsattribut sehe. Nur so besitzen wir die Flexibilität, etwa bei den Solaraktien in diesem Jahr, zu investieren ohne uns selbst die Kurse schlecht zu machen, ein großes Problem bei vielen der unbeweglichen Fonds.

ECOreporter.de: Wie wird man Anteilseigner eines der Umwelt Aktiendepots?

Spitz: Wir versenden selbst die Informationen und Verträge zu den Umwelt Aktiendepots. Die meisten Investoren beraten sich noch persönlich mit mir, bevor sie dann auf das Konto der Gesellschaft einzahlen. Dazu notwendig ist auch die bankübliche Legitimation, bei uns über die Deutsche Post. Die Bank erhält damit die notwendigen Daten der Investoren. Konto und Depot werden übrigens von unserer Vermögensverwaltung kontrolliert, die selbst wiederum unter der Kontrolle der Finanzaufsicht arbeitet.

ECOreporter.de: Läuft der Vertrieb nur direkt oder auch über Vermittler?

Spitz: Nur über uns direkt. Neue Investoren kommen meist über Empfehlungen.

ECOreporter.de: Gibt es Mindestbeträge, die Anleger investieren müssen, um bei Ihnen einzusteigen?

Spitz: 25 Euro für Sparraten, 500 Euro für Einmaleinzahlungen. Immer ohne Ausgabeaufschläge.

ECOreporter.de: Wie hoch sind die Kosten einer Geldanlage bei den UADs?

Spitz: Die summieren sich auf 2,4 Prozent der Anlagesumme jährlich. Abgerechnet wird aber monatsweise: je 0,1 Prozent monatlich fallen für die Geschäftsführung und die Vermögensverwaltung an.

ECOreporter.de: Wie pflegen Sie den Kontakt zu den Investoren?

Spitz: Neben Gesellschaftsversammlung und Anlageausschuss rufen uns viele Investoren an. Ich habe viele lange Gespräche und erfahre dabei viel über die Investoren, die ich als Geschäftsführer vertreten darf. Dies ist auch für mich wichtig, ich lerne dabei viel über die Wünsche und auch die Sorgen der Menschen. Halbjährlich gibt es für alle einen Bericht mit Auflistung des Portfolios und den individuellen Kontoauszügen.

ECOreporter.de: Wie können sich die Anteilseigner über die Struktur des Portfolios informieren?

Spitz: In den Berichten, Anlageausschusssitzungen, der Gesellschaftsversammlung oder direkt bei mir als Geschäftsführer. Aktuelle Informationen und ein Archiv enthält unsere website www.greencapital.de mit einem kurzen wöchentlichen Kommentar.

ECOreporter.de: Ein UAD sei rechtlich gesehen ein Investmentklub mit Vermögensverwaltung, heißt es in einer Information Ihres Hauses. Somit gebe es "demokratische und öffentliche Entscheidungsstrukturen". Wie funktioniert das praktisch?

Spitz: Nehmen wir den Anlageausschuss: Die Gesellschaftsversammlung wählt die Mitglieder aus dem Kreis der Investoren. Es finden sich also keine hochprominenten Honoratioren darin, die meist sowieso keine Zeit für Sitzungen mit längeren Debatten haben. Teilnehmen können alle Gesellschafter und auch Gäste nach Anmeldung.
Demokratisch heißt damit natürlich auch, Mehrheitsentscheidungen durch den Anlageausschuss oder die Gesellschaftsversammlung mitzutragen.

ECOreporter.de: Was ist unter steuerlichen Aspekten zu beachten?

Spitz: Im Gegensatz zum Investmentfonds als Sondervermögen einer Investmentgesellschaft verwalten die Umwelt Aktiendepots ihr eigenes Vermögen als Personengesellschaft. Dies bedeutet: Die steuerliche Handhabung ist wie bei privaten Kapitalanlagen. Alle steuerlich relevanten Vorgänge werden jährlich durch die Geschäftsführung in einer gesonderten und einheitlichen Feststellung für die Anleger geregelt. Beim Verkauf der Anteile der UADs fallen somit keine zu versteuernden Beträge an.

ECOreporter.de: Herr Spitz, wir danken Ihnen für die Auskünfte!


Kontaktadresse:

Geschäftsführung Umweltaktien Depot Welt und Umweltaktien Depot Deutschland
Philipp Spitz
Thomas-Mann-Straße 62
53111 Bonn
Tel: 0049 (0)228 / 96 76 400
Fax: 0049 (0)228 / 96 76 402
email: info@greencapital.de
Internet: www.greencapital.de



Bild: Philipp Spitz
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