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22.8.2006: "Geldanlagen müssen zur Bewahrung der Schöpfung beitragen" - Wie eine Kirchenbank auf Nachhaltigkeit setzt

Neben so genannten "Grünen Banken" wie der GLS Gemeinschaftsbank oder der Umweltbank gibt es in Deutschland eine Gruppe von Banken, deren Geschäftstätigkeit nach ethischen Vorgaben ausgerichtet ist: die Kirchenbanken. Sie verwalten ein Vermögen von über 20 Milliarden Euro und setzen verstärkt auf nachhaltige Geldanlagen. ECOreporter.de stellt einige von Ihnen vor, heute die Bank im Bistum Essen:

"Die Eigenmittel der Bank und Einlagen bei der Bank sollen nicht für den Erwerb von Aktien oder Anteilen an Unternehmen verwendet werden, die nukleare, chemische und biologische Waffen entwickeln, herstellen oder vertreiben; die mit einem signifikanten Unternehmensanteil an der Entwicklung, Herstellung oder dem Vertrieb von Rüstungsgütern im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes beteiligt sind; die in nicht artgerechter nicht gesetzmäßiger Massentierhaltung produzieren und erzeugen." Diese Forderung stammt nicht etwa von einer der klassischen "grünen" Banken. Sie kommt von einer - eigentlich - ganz konventionellen Bank, die Mitglied des genossenschaftlichen Finanzverbundes ist: der Bank im Bistum Essen.

Das Finanzinstitut mit einer Bilanzsumme von knapp drei Milliarden Euro wurde vor 40 Jahren auf Initiative des Bistums Essen gegründet, ist heute allerdings bundesweit tätig. Zu seinen Kunden zählen neben Kirchen, kirchlichen Einrichtungen und Verbänden auch Krankenhäuser oder Versorgungswerke. Privatkunden sind dort beschäftigte Arbeitnehmer. Aus dieser Verbindung resultieren die ethischen Grundsätze, nach denen die Bank ihre Geschäfte ausrichtet. "Für uns und unsere Kunden ist es wichtig, den sozialen Auftrag in der täglichen Geschäftsbeziehung glaubhaft umzusetzen", heißt es im Geschäftsbericht für das Jahr 2005. Verantwortlich für die Auslegung und Umsetzung der Anlagegrundsätze ist der Vorstand des Finanzinstituts. Zwar sei es grundlegend für die Existenz der Bank, ihre Eigenmittel und die bei ihr unterhaltenen Einlagen rentabel, sicher und unter Beachtung der Liquiditätserfordernisse anzulegen, erläutert Heinz-Peter Heidrich, Vorstandssprecher der Bank im Bistum Essen. Doch zugleich "sind die Anlagen ethisch bewusst vorzunehmen und dürfen dem kirchlichen Auftrag nicht widersprechen", stellt er klar.

Ethisch-nachhaltige Gesichtspunkte werden ihm zufolge bei allen Geschäftstätigkeiten der Bank berücksichtigt. Das gelte etwa für die Kreditvergabe, bei der kirchlich-ethische Positivkriterien angewendet würden. Erfüllt werde dies dadurch, dass die Bank nur kirchliche und caritative Projekte wie Behinderteneinrichtungen, Krankenhäuser und Altenpflegeheime sowie Klöster oder kirchliche Wohnungsbauunternehmen finanziere. Hier liegt mit 82 Prozent der Schwerpunkt des Kreditvolumens der Bank im Bistum Essen, das sich 2005 auf gut eine Milliarde Euro belief. 18 Prozent der Kredite gingen an Privatkunden, etwa für Wohnungsbaufinanzierungen. Auch dieser Klientel gegenüber ist die Bank laut Vorstandssprecher Heidrich verpflichtet, qualitativ hochwertige Angebote zu günstigen Preisen zu machen - zumal bei dem genossenschaftlich organisierten Finanzinstitut viele der über 10.000 Kunden zugleich stimmberechtigte Mitglieder sind.

Doch nicht nur die Unterstützung kirchlicher Projekte sei eine wesentliche Aufgabe einer Kirchenbank, auch bei allen anderen Geschäften spielen Heidrich zufolge ethische Grundsätze eine wichtige Rolle. Die Kirchenbank habe sich verpflichtet, den "konziliaren" Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung zu fördern. Hintergrund dafür ist die in den 1980er Jahren ins Leben gerufene innerkirchliche Nachhaltigkeitsdiskussion. Eines ihrer Ergebnisse ist das "Gemeinsame Wort der evangelischen und katholischen Kirche zur wirtschaftlichen und sozialen Lage in Deutschland“ aus dem Jahr 1997. Darin wurde Nachhaltigkeit als einer der wesentlichen Bausteine einer Gesellschaftsgestaltung aus dem christlichen Glauben anerkannt. Sie sei aus der Perspektive der Bewahrung der Schöpfung unverzichtbar. Und so müssen nach den Grundsätzen der Bank im Bistum Essen nachhaltige Geldanlagen beitragen zu Frieden, Gerechtigkeit und der Bewahrung der Schöpfung.

Dies spiegelt sich insbesondere im Fondsangebot der Bank wider. Hier setzt sie auf die Anwendung festgelegter Positiv- und/oder Negativkriterien. Zu letzteren gehören nicht nur die am Anfang genannten Kritikpunkte. Ausgeschlossen ist etwa auch der Erwerb von Aktien oder Anteilen an Unternehmen, die mit Regierungen kooperieren, die Menschen wegen ihrer Religion, ihrer Rasse, ihres Geschlechts oder ihrer Herkunft unterdrücken oder die menschenunwürdige Arbeitsbedingungen im Hinblick auf ILO-Standards verantworten. Positivkriterien dagegen sind die Förderung von umweltschonenden Produkten, Technologien, Energien und Verkehrssystemen, von Unternehmen, die Frauenförderung oder Integration behinderter Menschen als ihr erklärtes Ziel verwirklichen oder Wohnungsbau insbesondere für Benachteiligte und sozial Schwache betreiben.

Die Bank im Bistum Essen bietet ihren Kunden unter anderem Fonds aus der im Jahr 2001 von allen Kirchenbanken gemeinsam aufgelegten "KCD-Familie" an, zu der vorrangig nachhaltige Publikumsfonds gehören. Das Kürzel KCD steht für Kirche, Caritas und Diakonie. Der Aktienfonds KCD-Union-Nachhaltig Aktien zum Beispiel investiert ausschließlich in Aktien, die im Dow Jones Sustainability (DJSI) Group Index ex Tobacco, Alcohol & Gambling enthalten sind. Der Rentenfonds KCD-Union-Nachhaltig Renten erwirbt Unternehmensanleihen ausschließlich von Firmen, die in der betreffenden Gruppe der DJSI-Nachhaltigkeitsindex-Familie gelistetet sind. Beide schließen zudem Wertpapiere von Unternehmen mit signifikanten Umsatzanteilen im Rüstungsbereich, mit Tätigkeiten in der Atomindustrie und mit Produkten, die der sexuellen Unterdrückung dienen, aus. Nicht investiert wird ferner in Anleihen von staatlichen Emittenten, die eine Armee unterhalten. Den kontrollierenden Anlageausschuss bilden Vertreter aller elf Kirchenbanken Deutschlands.

In einem weiteren Nachhaltigkeitsfonds, den die Essener Bank anbietet, sitzen ebenfalls Vertreter kirchlicher Institutionen im Anlageausschuss: im Fonds für Orden und Ökumene Invesco. Hier kontrollieren Vertreter der Bank im Bistum Essen selbst, der Paderborner Bank für Kirche und Caritas eG, der DKM Darlehnskasse Münster eG, der Ordensgemeinschaften, von Pro Secur und der Invesco Bank OHG das Fondsmanagement. Beim Fonds für Stiftungen Invesco, einem Mischfonds mit globaler Ausrichtung, gehören neben den Vertretern der Bank im Bistum Essen und der Invesco noch Repräsentanten des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen dem Anlageausschuss an. Dieser Fonds berücksichtigt ethische Grundsätze durch Positivkriterien, die der Anlageausschuss festlegt.

Um eine sachkundige Beratung der Kunden bezüglich nachhaltiger Investments zu gewährleisten, lässt die Bank im Bistum Essen ihre Mitarbeiter eigens schulen. Seit Herbst 2005 haben alle Kundenbetreuer an den Kursen des Online-Fernlehrgangs "ecoanlageberater" teilgenommen. Diese neue, von der Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) in Köln offiziell zugelassene berufsbegleitende Qualifizierung bildet zum zertifizierten "Fachberater für nachhaltiges Investment" aus. Ziel des Lehrgangs ist es, Anlageberatern Kenntnisse zu vermitteln über den Markt des Nachhaltigen Investments, seine Mechanismen und die prägenden Akteure. Er versetzt die Teilnehmer in die Lage, den Markt des Nachhaltigen Investments in Breite und Tiefe zu überblicken, entsprechende Finanzprodukte sachgerecht zu bewerten und Interessenten qualifiziert zu beraten (weitere Informationen über den Fernlehrgang finden Sie unter anderen im ECOreporter.de-Beitrag vom Juni 2006). Bislang haben sämtliche Teilnehmer aus der Bank im Bistum Essen die Abschlussprüfung des Fernlehrgang erfolgreich absolviert.

Ein weiteres Angebot für Nachhaltiges Investment macht die Essener Kirchenbank ihren Kunden in Form einer von ihr gegründeten Stiftung. Der "Stiftungsfonds Kirche und Caritas der Bank im Bistum Essen" stellt nicht nur Spenden zur Verfügung. Kunden der Bank können ihn zudem als "Dach" nutzen, um eigene unselbständige Stiftungen daran anzubinden und so ihre Anliegen ohne großen Aufwand zukunftssicher zu machen. Bislang haben zwei Treuhandstiftungen der Bank im Bistum Essen ihre Verwaltung anvertraut.


Bildhinweis: Außenansicht der Bank im Bistum Essen; am Schalter der Bank; Mitarbeiter der Bank präsentieren ihre Zertifikate zum Fachberater für Nachhaltiges Investment / Quelle: Unternehmen
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