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21.2.2008: Aktien-News: „Die Wirtschaftlichkeit von Geothermie wird immer besser.“ - Interview mit Josef Daldrup, Vorstandsvorsitzender Daldrup & Söhne AG

Die Daldrup & Söhne AG (Umsatz 2006: 25 Millionen Euro / EBIT: 4 Millionen Euro / 150 Mitarbeiter) wurde 1946 im westfälischen Ascheberg gegründet. Das Unternehmen hat sich auf Bohrungen und umwelttechnische Dienstleistungen spezialisiert. Im November 2007 ging Daldrup & Söhne an die Börse, der Bruttoplatzierungserlös betrug rund 18,4 Millionen Euro. Gut ein Viertel der Aktien des Unternehmens befinden sich in Streubesitz, die restlichen Anteilscheine hält die Gründerfamilie Daldrup.

Daldrup & Söhne unterhält die vier Geschäftsbereiche Geothermie, Environment, Development & Services" (EDS; umwelttechnische Dienstleistungen), Wassergewinnung und Rohstoffe und Exploration. Das stärkste Wachstum wird im Geschäftfeld Geothermie erwartet. Mit den Erlösen aus dem Börsengang will Daldrup unter anderem seinen Gerätepark modernisieren. Künftig sollen Tiefenbohrungen bis zu 5.000 Metern angeboten werden. Ende 2007 wurde laut dem Unternehmen ein Kaufvertrag für einen Spezialtiefbohrer unterzeichnet, der speziell auf die Anforderungen der Geothermie abgestimmt sei. Das Gerät solle in der zweiten Jahreshälfte 2008 ausgeliefert werden.


ECOreporter.de: Herr Daldrup, wie gut ist die Auftragslage Ihres Unternehmens? Für wie lange sind Ihre Bohrgeräte zur Zeit ausgebucht?
Josef Daldrup: Unsere 35 Bohrgeräte sind deutlich länger als ein Jahr ausgebucht. Das haben wir in dieser Form noch nie erlebt.

ECOreporter.de: Womit erklären Sie sich die besonders hohe Nachfrage?
Josef Daldrup: Das ist dem gesamten Rohstoffmarkt geschuldet, vom Öl bis zu Kupfer oder Kohle. Zudem zieht der Bedarf im Bereich der Geothermie große Kapazitäten vom Markt.

ECOreporter.de: Wonach bohren Sie?
Josef Daldrup: Wir kommen vom Brunnenbau, aus der praktischen Wassergewinnung: Mineralwasserbrunnen, Kühlwasserbrunnen, Trinkwasserbrunnen. Wir bohren aber auch nach zahlreichen Rohstoffen wie Kalk, Kupfer oder Ölen.

ECOreporter.de: Bieten Sie die Bohrtechnik ausschließlich als Dienstleistung an, oder entwickeln Sie auch Technologien für diesen Bereich?
Josef Daldrup: Wir entwickeln auch eigene Technologien. Zurzeit arbeiten wir beispielsweise zusammen mit einer großen Erdölfirma an neuen Ablenkbohrtechniken. Mit dieser Technik können wir von einem Bohrstandort aus sehr weite Abstände zwischen dem Entnahmepunkt für heißes Wasser und dem Punkt zur Wiedereinleitung von kaltem Wasser schaffen. Bei einer Tiefe von 2.500 Metern ist beispielsweise eine Ablenkung beider Punkte um 2.500 Meter möglich. Die Punkte liegen damit 5.000 Meter auseinander. Praktisch müssen Sie sich das so vorstellen: Es wird erst ein Stück senkrecht gebohrt, dann wir die Bohrung seitlich abgelenkt. Mit dieser Technik vermeiden wir lange oberirdische Leitungen zur Rückführung des Wassers, die sind in dicht besiedelten Gebieten sehr schwierig zu realisieren.
Ein anderes Projekt ist die Versorgung des „20-Euro-Hauses“ mit Wärme aus Geothermie. Die Heizkosten für ein komplettes Reihenhaus sollen damit auf 20- 25 Euro je Monat sinken. Dafür entwickeln wir beispielsweise besondere Bohrtechniken und speziell isolierte Materialien. Grundlage des Konzepts ist eine Mischung aus Oberflächengeothermie und Tiefengeothermie. Neben dem privaten Häuslebauer ist die Technik natürlich vor allem für kommunale Einrichtungen interessant, etwa für Schwimmbäder.
Die Geothermie bietet einen entscheidenden Vorteil gegenüber anderen Erneuerbaren Energien, sie ist grundlastfähig. Sie ist fast wartungsfrei und benötigt oberirdisch wenig Platz, da reicht eine kleine Garage. Und im Gegensatz zur hoch subventionierten Solarbranche ist sie ganz normal konkurrenzfähig.
Und die Wirtschaftlichkeit wird immer besser. Für das Arnsberger Freizeitbad „Nass“, das mit Wärme aus Geothermie versorgt wird, hat das Fraunhofer Institut eine Amortisationszeit von 15 Jahren ausgerechnet. Grundlage der Kalkulation war ein Ölpreis von 33 Dollar je Barrel. Letzte Woche stand der Ölpreis bei mehr als 100 Dollar.

ECOreporter.de: Das bedeutet, dass die Geothermie auch in Norddeutschland wirtschaftlich sinnvoll genutzt werden kann?
Josef Daldrup: Ja, aber man muss natürlich unterscheiden: In Bayern oder im Oberrheingraben werden Kraftwerksprojekte entwickelt. In Arnsberg geht es um eine dezentrale Wärmeversorgung. In Konkurrenz zu Öl und Gas rechnen die sich ganz einfach über die Wärme. In Holland haben wir für zwei große Tomatenplantagen eine geothermische Wärmeversorgung gebaut, deren Gaskosten sind auf einen Schlag von 700.000 Euro auf Null gesunken. Und die eigentliche Gaspreiserhöhung steht noch aus, der Gaspreis folgt gewöhnlich mit Verzögerung dem Ölpreis. In der nächsten Heizperiode rechnen wir mit Einsparungen in Höhe von 1,3 Millionen Euro für unseren Kunden.

ECOreporter.de: Wie tief bohren Sie?
Josef Daldrup: Unsere aktuellen Bohrungen gehen bis in 4.000 Meter Tiefe. Wir können bis zu 5.000 Meter tief bohren, dafür uns auch Anfragen vor. Da das Erneuerbare Energien Gesetzt (EEG) zum 1. Januar geändert wurde, wird aber noch bis etwa Ende März dauern, bis die ersten Aufträge fest vergeben werden. Die Initiatoren müssen warten, bis sie feste Zusagen auf ihre Förderanträge haben.
Bezogen auf die Geothermie lässt sich sagen: Je tiefer gebohrt wird, desto heißer ist das Wasser. Andererseits gibt es Standorte, an denen eine 2.500 Meter Tiefe Bohrung ergiebig genug für ein Geothermisches Kraftwerk ist. Bei 4.000 Metern sind schon 80 Prozent abgedeckt. Und die Kosten steigen mit zunehmender Tiefe exponentiell.

ECOreporter.de: Wenn sie heute durch einen Kunden beauftragt werden; wie lange dauert es dann, bis die Bohrung beginnt?
Josef Daldrup: Ein gutes Jahr wird das dauern. Wir können die aktuelle Nachfrage nicht abdecken.

ECOreporter.de: Wie viele Mitarbeiter sind an einer Bohrung beschäftigt?
Josef Daldrup: Bei geothermischen Bohrungen sind 25 bis 30 Mitarbeiter im Einsatz. Aus technischen Gründen laufen die Anlagen da 24 Stunden durch. Man kann die Bohrung nicht unterbrechen, sie würde zusammen fallen. Kleinere Bohrungen können manchmal aber auch von nur 2 bis 4 Mitarbeiter erledigt werden. Das hängt stark davon ab, wie viele Schichten am jeweiligen Bohrstandort gefahren werden müssen.

ECOreporter.de: Finden Sie genügend qualifizierte Mitarbeiter für das geplante Wachstum?
Josef Daldrup: Das ist ein Problem. Wir sind aber dabei, aggressiv zu schulen und auszubilden und haben die Entwicklung bis jetzt gut im Griff.

ECOreporter.de: Wie lange dauert es bis Sie bei Bohrungen eine Tiefe von 3.000 Metern erreichen? Wie lange braucht es für 5.000 Meter?
Josef Daldrup: Darüber lässt sich keine pauschale Aussage treffen. Es hängt vor allem von der Härte des Gesteins ab. Wenn Sie im Sauerland im Quarzit bohren, dauert es lange. In den Sanden und Tonen der norddeutschen Tiefebene kommen Sie dagegen schnell voran.

ECOreporter.de: Gibt es etwas, das man heute nicht bohren kann?
Josef Daldrup: Nein, mit Diamantkronen kommen Sie überall durch.

ECOreporter.de: Welchen Anteil hatte das Geschäftsfeld geothermische Bohrungen im Geschäftsjahr 2007? Und welchen Anteil soll es laut Ihrer Planung in 3 Jahren haben?
Josef Daldrup: In 2007 kam knapp ein Drittel der Umsätze aus dem Geschäftsbereich Geothermische Bohrungen. Es ist aber noch nicht alles abgerechnet. Die Sparte wird aber deutlich überproportional wachsen, das lässt sich aufgrund unseres Auftragsstandes klar sagen. Unser Ziel liegt bei einem Anteil von 70 Prozent innerhalb von 2 bis 3 Jahren.

ECOreporter.de: Welche Konkurrenten hat Ihr Unternehmen? Woher kommen sie?
Josef Daldrup: Zurzeit gibt es sehr wenig Konkurrenz. Wir rechnen aber damit, dass auf jeden Fall die Isländer kommen werden. Die muss man als Konkurrenten auch ernst nehmen. In Island steckt man den Finger in die Erde und hat Geothermie, die habe jahrzehntelange Erfahrung auf dem Gebiet. Ein bekannteres isländische Unternehmen ist Iceland Drilling; wir erwarten, dass die in nächster Zeit auch an die Börse gehen.
Ansonsten sind die klassischen Öl- und Gasbohrfirmen in der Lage, diese Bohrungen durchzuführen. Solange der Druck auf den Ölpreis anhält, interessieren die sich allerdings weniger für diesen Markt. Das ist eine andere Kultur. Der Öl- und Gasmarkt saugt alles an Kapazitäten ab. In den nächsten Jahren wird es aus dieser Ecke keinen großen Druck auf die Margen geben.

ECOreporter.de: Wo sehen Sie Ihre Stärken gegenüber den Mitbewerbern?
Josef Daldrup: Unsere Auftraggeber sind in der Regel Kommunen, halbkommunale Gesellschaften, mittelständische Firmen. Mit dieser Kundenstruktur gehen wir seit 50 Jahren um. Wir wissen, wie die ticken. Wir übernehmen auch einige Risiken, die die Konkurrenten aus dem Öl- und Gasgeschäft möglicherweise ablehnen würden. Wir sind die Kultur der Auftraggeber gewöhnt.
Die Technik ist bei uns vorhanden, Geothermie ist auch nicht anderes als ‚übertiefer Brunnenbau’. Wer 1.500 Meter tief bohren kann, kann das auch 5.000 Meter tief.

ECOreporter.de: Es werden derzeit kaum geothermische Kraftwerke gebaut und eröffnet. Wie groß ist der Bedarf für die Tiefenbohrungen, die Sie anbieten?
Josef Daldrup: Allein in Bayern sind aktuell 100 Bohrstandorte bewilligt, sogenannte ‚Claims’. Bis vor einem halben Jahr waren das noch um die 60.
Das wesentliche Investitionshemmnis war bisher das Bohrrisiko, man spricht auch vom ‚Fündigkeitsrisiko’. Das hat sich inzwischen deutlich verbessert, die KfW nimmt den Betreiber das Risiko fast vollständig ab. Das geht aus den Richtlinien zur Förderung von Maßnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energien im Wärmemarkt hervor, die zum 1. Januar in Kraft getreten sind. Die müssen noch von der Europäischen Kommission genehmigt werden, Stichtag ist aber der 1.1.2008. Und es gibt Versicherer, die das Fündigkeitsrisiko bezahlbar abdecken.
Es wird ein riesiger Schub kommen. Zudem steigen jetzt auch die Großen, wie E.on, EnBW und RWE in diese Projekte ein. Für die nächsten Jahre mache ich mir keine Sorgen um den Markt.

ECOreporter.de: Wo sehen Sie Ihre wichtigsten Märkte?
Josef Daldrup: Unser Schwerpunkt liegt in Europa, zumindest mittelfristig wird das auch so bleiben. Sehr gut sind wir in Holland im Geschäft. In Herlen werden beispielsweise 4.000 Wohnung mit Wärme aus Geothermie versorgt. Im Raum Delft und den Haag sind wir viel für die Industrie tätig. Wir haben jetzt die ersten Anfragen aus Frankreich; das Pariser Becken eignet sich sehr gut für die Nutzung der Geothermie.

ECOreporter.de: Wie lauten Ihre Prognosen für Umsatz, Ertrag und Margen für das laufende Geschäftsjahr und die folgenden Jahre?
Josef Daldrup: Dazu darf ich Ihnen keine Angaben machen, die über das im Börsenprospekt bereits veröffentlichte hinausgehen. Nur soviel darf verraten werden: Die Prospektangaben sind sehr konservativ gerechnet.

ECOreporter.de: Der Streubesitz Ihres Unternehmens ist derzeit noch vergleichsweise gering. Wird es weitere Kapitalerhöhungen zur Finanzierung des Unternehmenswachstums geben?
Josef Daldrup: Wir denken natürlich an alles, und ich kann Ihnen sagen, dass uns regelrecht unkeusche Angebote von Investoren gemacht werden, die erst jetzt entdecken, was für ein Potenzial dieser Markt bietet. Wir wollen aber mittelständisch bleiben, bei uns soll der Chef noch erreichbar bleiben. Auch meine Söhne sind mittlerweile in den Betrieb eingestiegen.

ECOreporter.de: Planen Sie mittelfristig den Wechsel in ein höheres Handelssegment an der Börse?
Josef Daldrup: Das haben wir diskutiert, es würde möglicherweise auch Sinn machen. Wir bauen zurzeit ein Controllingsystem auf, das den Wechsel in ein anderes Börsensegment ermöglichen würde. Das ist zwar nicht konkret angedacht, ausgeschlossen ist es aber nicht.

ECOreporter.de: Der Aktienkurs und damit die Börsenbewertung Ihres Unternehmens hat sich seit dem Börsengang mehr als verdoppelt. War der Ausgabepreis zu niedrig angesetzt oder hat sich seit Ende November 2007 etwas wesentliches beim Unternehmen oder im Umfeld verändert?
Josef Daldrup: Das Börsenumfeld war nicht günstig. Zum gleichen Zeitpunkt wie wir sind fünf weitere Unternehmen an die Börse gegangen, vier davon sind abgestürzt. Wir hatten zwischenzeitlich auch Zweifel, ob es mit der angesetzten Preisspanne für unsere Aktien klappen würde. Ich bin aber noch nie von einer halbfertigen Bohrung weggelaufen. Wenn man so was anfängt, zieht man es auch bis zum Ende durch. Allerdings hatten wir uns sicher mehr vorgestellt. Am Aktienkurs sehen Sie heute, dass wir sehr günstig rausgegangen sind.
Wir sind Mittelständler. Wir werden wachsen, aber wir werden nicht explodieren können. Wir sind 60 Jahre konservativ gewesen und haben immer gut verdient. Nur weil wir am Kapitalmarkt sind, werden wir jetzt nicht verrückt spielen. Andererseits ist aber auch klar: Wenn man diesen Markt sieht und da nicht zugreift, wäre man kein Unternehmer. So ein Potential haben wir noch nie vor Augen gehabt.

ECOreporter.de: Herr Daldrup, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Bildhinweis: Josef Daldrup, ein Daldrup-Bohrer im Einsatz. / Quelle jeweils: Unternehmen; Geothermiekraftwerk in der Toskana / Quelle: ECOreporter.de

Daldrup & Söhne AG: WKN 783057 / ISIN DE0007830572
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