Erneuerbare Energie

1.4.2004: SPIEGEL-Windmühlenwahn: Einer der profiliertesten Redakteure kündigt - Fakten verdreht?

Harald Schumann, einer der profiliertesten Journalisten des Spiegel, hat nach 18 Jahren Redaktionszugehörigkeit gekündigt. Schumann ist auch, zusammen mit dem EU-Abgeordneten Hans-Peter Martin, Autor des Bestsellers «Die Globalisierungsfalle». Laut der Netzzeitung hatte Schumann gemeinsam mit einem anderen Kollegen eine Geschichte über die Windenergie geschrieben, die der Chefredaktion nicht negativ genug gewesen sein soll. Statt dessen wurde eine andere Geschichte über die Windenergie als Titelgeschichte gedruckt, die Schumann in der Redaktionskonferenz als «Desinformation und Propaganda» abgekanzelt haben soll.
Für Schumann sei, so will die Netzzeitung aus der Redaktion gehört haben, die Windenergie-Geschichte nur der letzte Auslöser gewesen. Sein Entschluss zu kündigen sei durch die Entwicklung im Blatt gereift. Es sei eine Mischung aus autoritärem Führungsstil und Eingrenzung der Themenvielfalt festzustellen, die dem Magazin in seiner Substanz schade.
In der Titelgeschichte vom Montag schreiben zwei Spiegel-Redakteure sehr kritisch über die Windenergie. Sie zitieren dabei des öfteren Windkraftkritiker und Zahlen und Fakten, die von diesem stammen, ohne dem eine andere Stimmen oder Fakten entgegenzuhalten. Auch ein dazu geliefertes Dossier (im Spiegel-Online) ist widersprüchlich.
"Der Windmühenwahn", so der Spiegel-Titel, ist eine lange Geschichte, aber keine logische: So sollen bei Windparks nur die Verluste als sicher gelten, Windparks gleichzeitig aber dank nicht genannter Subventionen "Lizenzen zum Geldrucken" sein. Auch die schon im Untertitel genannte "hoch subventionierte Landschaftszerstörung" enthält gleich zwei Merkwürdigkeiten: Erstens sind Einspeisevergütungen für Windstrom keine Subventionen, sondern festgelegte Preise, die nicht der Staat zahlt, sondern die Stromversorger. Hier übernimmt der Spiegel die falsche Terminologie der konventionellen Stromanbieter. Zweites sind nahezu 15.000 Windmühlen in Deutschland zwar für viele kein erfreulicher Anblick - aber der Spiegel muss die 180.000 Strommasten in Deutschland verschweigen?.
Ausführlich wendet sich der Spiegel den windkritischen Bürgermeistern zu. Dass es auch andere gibt, wie in Freiburg, wo der Bürgermeister für die Windenergie kämpft, schreibt der Spiegel nicht. Dafür schildert er ausgiebig, wie geldgierig die Kommunen sind, die von der Windenergie profitieren: Sie bekommen schließlich des öfteren Einnahmen, wenn die Windräder stehen. Zusätzlich erhalten die Bürger der Kommunen Pacht für die Windparkflächen. Der Spiegel stellt - juristisch geschickt verpackt in Frageform - einen Zusammenhang zur Korruption her. Etlichen Redakteuren ging das zu weit.

Lesen Sie zu diesem Thema auch die Glosse auf ECOreporter.de vom 30. März.
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