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1.12.2004: "Wir arbeiten mit Hochdruck" - ECOreporter.de-Interview mit Michael Nölkenhöner, Leiter Geschäftskunden der Umweltkontor-Tochter Invest Blue AG, über die Situation seines Unternehmens und die Aussichten für Windkraftinvestm

Die Invest Blue AG hat vor gut zwei Wochen einen Insolvenzantrag gestellt (ECOreporter.de berichtete). Im ersten Interview mit Michael Nölkenhöner, Leiter Geschäftskunden bei der Umweltkontor-Tochter, erfahren Sie heute, wie es um das Unternehmen steht. Die Invest Blue arbeitet weiter, 18 Leute sind im Vertrieb der Gesellschaft beschäftigt, der mittlerweile auch Fremdprodukte anbietet. Neben den Informationen zur Invest Blue finden Sie in dem Interview Tipps auch für private Investoren, die sich für Windkraftinvestments interessieren.


ECOreporter.de: Herr Nölkenhöner, läuft der Betrieb bei der Invest Blue weiter, sind die 18 Mitarbeiter nach wie vor im Einsatz?

Michael Nölkenhöner: Ja, wir arbeiten mit Hochdruck im Jahresendgeschäft, das vor dem Hintergrund der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung im Umweltkontor-Konzern noch beratungsintensiver ist als in der Vergangenheit. Während institutionelle Investoren sehr emotionslos mit dem Thema umgehen und sich ausschließlich auf die Qualität der Produkte konzentrieren, sind die Privatkunden verunsicherter. Entsprechend höher ist hier der Beratungsbedarf.

ECOreporter.de: Wie wirkt sich der Insolvenzantrag auf die Kunden der Invest Blue aus, kann z.B. die Geschäftsführung der einzelnen Windparks gewährleistet werden?

Nölkenhöner: Die Betreibergesellschaften der einzelnen Windparks sind juristisch selbständige Gesellschaften. Insofern ist eine eventuelle Insolvenz der Umweltkontor AG grundsätzlich irrelevant für die Betreibergesellschaften.

ECOreporter.de: Wie wirkt sich der Insolvenzantrag auf die Aktionen der letzten Wochen aus?

Nölkenhöner: Als eigenes bzw. Umweltkontor-Produkt vertreiben wir zur Zeit nur den Elbefonds, bei dem sich die Situation wie folgt darstellt: Der Park wurde bereits Ende 2003 errichtet und vollständig bezahlt. Die aktuellen Ertragsdaten für diesen Windpark sehen sehr gut aus. Für den Elbefonds sind zwei Garantien der Umweltkontor AG relevant: Erstens die Platzierungsgarantie zum Jahresende und zweitens das Angebot, die Kommanditanteile nach 10 Jahren zurückzukaufen. Wir weisen unsere Interessenten ausdrücklich darauf hin, dass im Fall einer Insolvenz diese Garantien keinen Bestand haben würden. Allerdings ist der Elbefonds bereits zu 70 Prozent platziert, was einer Eigenkapitalquote von über 20 Prozent entspricht. Angesichts der sehr guten bisherigen Ertragsdaten wäre eine niedrigere Eigenkapitalquote unproblematisch und würde gegenüber dem Prospekt sogar zu deutlich erhöhten Ausschüttungen führen. Zusammengefasst würde bei Ausfall des Garantiegebers Umweltkontor sich lediglich die Laufzeit des Fonds auf 20 Jahre verlängern und sich gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit deutlich verbessern.

ECOreporter.de: Inwiefern sind die einzelnen Windpark-Gesellschaften von dem Konkursantrag der Invest Blue betroffen?

Nölkenhöner: In der Invest Blue AG sind ausschließlich Finanzdienstleistungen wie Konzeption, Finanzierung, Prospekterstellung und Vertrieb von Projekten im Bereich Erneuerbare Energien konzentriert. Deshalb hat eine Insolvenz der Gesellschaft auch keine Auswirkungen auf die einzelnen Windparkgesellschaften. Das gilt ebenfalls für unsere Vertriebsaktivitäten, auch wenn dadurch der Vertrieb von langfristigen und erklärungsbedürftigen Kapitalanlagen nicht erleichtert wird.

ECOreporter.de: An welchen Projekten arbeitet die Invest Blue zur Zeit sonst noch?

Nölkenhöner: Parallel zum Elbefonds haben wir uns entschlossen, unseren Anlegern auch Fremdprodukte anzubieten, die unseren Qualitätskriterien entsprechen. Hier haben wir unser Know-How eingesetzt, um eine Auswahl der besten Produkte
im Markt zu treffen.

ECOreporter.de: Mitten in der Umweltkontor-Krise mag man sich fragen: Warum sollen Sie zur Qualität von Windfonds Stellung nehmen - aber in der Redaktion denken wir: Gerade jetzt werden Ihre Augen für Risiken des Geschäfts besonders geschärft sein.
Also: Wie beurteilen Sie das Angebot an Windfonds, das man zur Zeit findet?


Nölkenhöner: Zur Zeit haben insbesondere Schifffonds ein sehr gutes Standing am Kapitalmarkt. Das erinnert mich an einen Witz, bei dem ein Mann bei seinem Psychiater auf der Couch liegt. Der Psychiater sagt: "Ich habe zwei Nachrichten für Sie. Zuerst die Gute. Sie haben eine starke und ausgeprägte Persönlichkeit. Und jetzt die schlechte....es besteht kein Grund dazu!" Bei der Mehrheit der Windfonds verhält es sich genau umgekehrt. Die Windprodukte werden heute wesentlich vorsichtiger kalkuliert und begrenzen durch Vollwartungsverträge und höhere Sicherheitsabschläge die Risiken für den Anleger. Dieser Trend hat bereits 2003 eingesetzt, wurde aber durch das außerordentlich schwache Windjahr 2003 überlagert. Wir sollten unsere Produkte noch weiter optimieren, z. B. durch erfolgsabhängige Vergütungen für das Management, dann rechne ich für 2005 mit erheblich größeren Marktanteilen für geschlossene Windfonds.

ECOreporter.de: Können Sie uns drei Punkte nennen, auf die Interessenten derzeit besonders achten sollten?

Nölkenhöner: Erstens: Höhe der Sicherheitsabschläge und die Qualität der Windgutachten. Gibt es große Unterschiede zwischen den Gutachten, sollten diese erläutert werden, ansonsten ist Vorsicht geboten. Zweitens: Anteil der weichen Kosten und wie sauber werden diese abgegrenzt. Drittens: eine aussagekräftige und vollständige Leistungsbilanz des Anbieters. Ich würde immer Anbieter meiden, die durch Weglassen beschönigen wollen, diese werden auch andere relevante Informationen vorenthalten. Zusätzlich besteht durch den ruhigeren Absatz von Windfonds für die Anleger die Chance, bei Ihren Produktentscheidungen Projekte zu berücksichtigen, für die bereits aussagekräftige Ertragsdaten vorliegen.

ECOreporter.de: Hat die Umweltkontor-Krise Ihr Verhältnis zur Erneuerbaren Energie geändert? Wie ist es derzeit?

Nölkenhöner: Unabhängig von der Umweltkontor-Krise wird das Energiethema das entscheidende Zukunftsthema sein. Stichworte wie Umweltbelastung, Abhängigkeit von Krisenregionen und Entwicklung der Rohölpreise verdeutlichen die Notwendigkeit zum Ausbau der Erneuerbaren Energien. In den nächsten Jahren wird sich deren Wettbewerbsfähigkeit dramatisch verbessern. Es macht mir Spaß, in dieser Zukunftsbranche zu arbeiten.

ECOreporter.de: Herr Nölkenhöner, danke für das Gespräch!


Bild: Michael Nölkenhöner / Quelle: Umweltkontor AG
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